Die BULGARISCHE ORTHODOXE KIRCHE in WEST- und MITTELEUROPA
in

Inner-Orthodoxer und Inner-Christlicher Zusammenarbeit


„DIE ORTHODOXE KIRCHE“ Eine Standortbestimmung an der Jahrtausendwende,
Verlag Otto Lembeck 1999, Frankfurt am Main, ISBN 3-87476-358-7
Aktualisierte Fortschreibung des Beitrags von cand.theol. STEFAN GROSS
Protodiakon der Bulgarischen Orthodoxen Metropolie von West- und Mitteleuropa



Bevor man über die Bulgarische Orthodoxe Kirche in West- und Mitteleuropa sprechen kann, soll ihre historische Herkunft und ihr heutiger Hintergrund kurz beleuchtet werden. 

Die Geschichte des Christentums im heutigen bulgarischen Raum begann mit den Missionsreisen des Hl. Apostels PAULUS.  Die städtische Bevölkerung Thrakiens und Mösiens und der Großteil der eingewanderten Slawen waren bereits Christen als  Fürst BORIS I. im Jahre 865 für sich und sein gesamtes Volk das Christentum annahm und die Schüler der Hll. KIRIL und METHODIJ unter der Führung des  Hl. KLIMENT und des Hl. NAUM mit der Verbreitung der christlichen Kultur in der altbulgarisch-slawischen Volkssprache und dem Aufbau einer eigenen Kirche innerhalb des jungen Bulgarenreiches beauftragte.


870  wurde die bulgarische Kirche zunächst als ein autonomes Erzbistum unter der Jurisdiktion des Patriarchats von Konstantinopel in die östliche orthodoxe Kirchengemeinschaft aufgenommen.


893  fand das  1. Konzil des Volkes der Kirche in der damaligen Hauptstadt Preslaw statt und legte in der Kirchenordnung die altbulgarische Sprache der Hll. KIRIL und METHOD als verbindliche Liturgiesprache fest.

927  in der Regierungszeit des Zaren Simeon des Großen wurde die seit  919 bereits autokephale bulgarische Kirche als Patriarchat anerkannt.  In diesem  "Goldenen Zeitalter" der bulgarischen Kultur im  9. und  10. Jahrhundert, das von dem Gebet des großen bulgarischen Mönchsvaters  IOANN von RILA  (-946) begleitet wurde, entstanden in den Klosterzentren um Preslaw und am Ochrid-See die Grundlagen der slawischen Literatur. 
Tausende Mönche und Schriftgelehrte schufen jene Basis an kirchlichen Texten in slawischer Sprache, die ab  988 die Christianisierung des weiten russischen Raumes ermöglichte.


Die Entwicklung der Bulgarischen Orthodoxen Kirche im Mittelalter blieb eng mit dem historischen Schicksal des bulgarischen Volkes und seines Staates verbunden.

Nach einem Niedergang während der Unterjochung durch Byzanz erlebte die bulgarische weltliche und geistliche Kultur im  2. Bulgarischen Reich unter den Zaren Ivan Assen und Ivan Alexander im  13. und  14. Jahrhundert mit zahlreichen kunstvollen Kirchenbauten und einem regen hesychastischen Mönchsleben einen zweiten Höhepunkt.


Das Lebenswerk des hervorragendsten Vertreters dieses hochgebildeten Hesychasmus, des  Hl. Patriarchen  EVTIMIJ,  stärkte die bulgarischen Christen ein letztes Mal bevor sie dann  - ab dem Jahre  1393 -  für  500 Jahre ein doppeltes Joch erdulden mußten. 
Nach der Vernichtung des eigenen Staates durch den Sultan wurde die Kirche dem Patriarchen von Konstantinopel unterstellt und damit auch die kirchliche Unabhängigkeit zerstört.


Die nationale Wiedergeburt begann  1762 mit dem Buch  "Istorija Slavjanobolgarska"  des  Hl. PAISIJ vom HILENDAR-Kloster.  Die Rückbesinnung auf die Wurzeln der eigenen christlichen slawischen Kultur bereitete den Boden für die Erringung der Freiheit.


1870 erlangte die Bulgarische Orthodoxe Kirche mit der Genehmigung zur Errichtung des  "Bulgarischen Exarchats" durch ein Ferman des Sultans wieder ihre Eigenständigkeit. 
Das Exarchat organisierte die pastorale Betreuung in  18 Diözesen und  2.700 Pfarrgemeinden mit  3.300 Priestern,   die Volksbildung in  3.000 Schulen mit  5.000 Lehrern  und die Fürsorge in  7 eigenen Krankenhäusern.


1953  wurde auch das selbstständige Bulgarische Patriarchat offiziell wieder hergestellt und auf dem  3. Konzil des Volkes der Kirche die Struktur und Verwaltung der Bulgarischen Orthodoxen Kirche festgelegt.  Zum Patriarchen wurde der Metropolit von Plovdiv  KIRIL gewählt. 
Patriarch KIRIL und sein Nachfolger, der derzeitige Patriarch MAXIM sind von allen orthodoxen Kirchen als Patriarchen anerkannt. 



Nach ihrer Verfassung bestimmt sich die Bulgarische Orthodoxe Kirche vor allem als   
"... ein untrennbares Glied der
Einen, Heiligen, Katholischen (=Versammelten) und  Apostolischen Kirche ".


83 %  der  8,5 Mio. Bulgaren gehören der Bulgarischen Orthodoxen Kirche an,  die heute  3.700 Gemeinden  in  15 Diözesen (incl. 2 Auslandsdiözesen) umfaßt. 
An der Spitze jeder Diözese steht ein Diözesanbischof vom Range eines Metropoliten.
Alle Metropoliten bilden zusammen den  Hl. Synod,  dessen Vorsitzender der Patriarch ist.  
Das höchste Entscheidungsorgan in den Fragen der Verwaltung der Kirche ist das  "Konzil des Volkes der Kirche", das etwa zu gleichen Teilen aus gewählten Laien und Klerikern besteht.  In einer Versammlung ähnlicher Zusammensetzung wird auch der Patriarch gewählt und von den Bischöfen bestätigt.  Auch der Metropolit als Hirte der Ortskirche wird zu gleichen Teilen von gewählten Laien und Klerikern vorgewählt und dann von den anderen Metropoliten des  Hl. Synod bestätigt und in sein Amt eingesetzt.



Auf Beschluß des  Hl. Synods wurde der Sitz des Metropoliten von West- und Mitteleuropa im Jahre  1994 nach Berlin verlegt.  Die Bulgarische Diözese von West- und Mitteleuropa umfaßt  18 Gemeinden in Ungarn, Kroatien, Österreich, Deutschland, Niederlande, Belgien, Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, England, Schweden und Norwegen.


Die rund  60.000 bulgarischen Gläubigen in Deutschland werden unter der Leitung von Metropolit SIMEON von West- und Mitteleuropa, der durch Vikar-Bischof TICHON unterstützt wird, durch  1 Archimandriten,  5 Priester und  3 Diakone in den Gemeinden von München,  Berlin und Leipzig und Düsseldorf betreut.

 


Wenn man eine konkrete orthodoxe Kirchengemeinschaft beschreiben will, dann findet man sie oft - symbolisch verdichtet - in ihrem Erzhirten reflektiert wieder; im Bischof, der mit vollem Recht auch „Ikone“ seiner Kirche genannt werden kann. 

Mit Sicherheit gilt dies für den Erzhirten der Bulgarischen Orthodoxen Kirche in Deutschland, Seine Eminenz, den Höchstgeweihten Metropoliten SIMEON von West- und Mitteleuropa, dessen Lebensweg ihn besonders für sein heutiges Amt vorbereitet hat.  Geboren am  17. September 1926 in der Schwarzmeerstadt VARNA, Absolvent des Geistlichen Seminars, am 6. Dezember 1954 Mönch, am 12. Februar 1955 Mönchsdiakon und Angehöriger der Mönchsgemeinschaft des RILA-Klosters.  Als Kandidat der Theologischen Wissenschaft ging er 1957 nach MOSKAU und wurde am  8. Oktober 1958 vom Moskauer Patriarch ALEKSIJ I. zum Mönchspriester geweiht.  1959 kehrte er als Professor auf das Geistliche Seminar nach Bulgarien zurück und wurde am  1. November 1961 Archimandrit.  Am 22. Januar 1966 wurde er als Protosingel nach NEW YORK gesandt und am 14. Januar 1973 als Bischof von Glavnitsa, Vikarbischof der Metropolie New York und Administrator der Diözese von Akron zum Bischof geweiht.  Seit 1980 ist Seine Eminenz für die bulgarischen orthodoxen Gemeinden in WESTEUROPA zuständig; zuerst als Vikarbischof des Patriarchen, seit 1986 als Metropolit von Westeuropa mit Sitz in BUDAPEST und seit 1994 als Metropolit von Mittel- und Westeuropa in BERLIN.

Alle, die Metropolit SIMEON näher kennenlernen, können spüren, dass er sich nicht nur zufällig und nicht nur "physisch" im Westen Europas aufhält, sondern dass er es als seine Aufgabe sieht, eine zutiefst christliche Wahrheit in privaten ebenso wie in offiziellen Begegnungen zu verbreiten, die vom „Vater der orthodoxen ökumenischen Theologie“, dem bulgarischen Theologen Prof. Dr. Dr. Stefan ZANKOW schon während seiner Vorlesungen im Berlin der Zwischenkriegszeit folgendermaßen ausgedrückt wurde:

Der eigentliche Erkenntnisweg der Orthodoxie ist der innere, der geistliche, sagen wir kurz der mystische (der „intuitive“) oder der Weg des Herzens... 
So wie es der von Zankov zitierte Hl. EFRAIM, der Syrer, formuliert hat:
„Der für jeden Verstand Unzugängliche kehrt in unser Herz ein und wohnt in ihm;
Der auch den körperlosen Wesen des Himmels verborgen bleibt, findet sich im Herzen. 
Die Erde kann Seine Schritte nicht ertragen; das reine Herz trägt Ihn in sich.“


Oft fasste der Höchstgeweihte Metropolit SIMEON unser Lebensziel als orthodoxe Christen mit wenigen Sätzen so zusammen: 

Gottes Sohn ist für uns Mensch geworden,
damit wir unsere wahre - von Gott geschaffene - Menschlichkeit wieder-erlangen können. 

Ein Leben im christlichen Glauben muss also zur Vollendung der Menschlichkeit hinführen. 

Als Orthodoxe stehen wir in der direkten Tradition des ursprünglichen Christentums und schöpfen aus der Fülle seiner unversiegenden Quellen. 
Jede orthodoxe Nation hat in ihrem Umfeld und in ihrer spezifischen Geschichte in den Heiligen des Landes zusätzlich noch spezielle Beispiele wahrer Menschlichkeit vor Augen. 
Daran sollen wir immer denken, wenn wir nationalen Fanatismus gegen den gemeinsamen orthodoxen Glauben stellen wollen, wenn wir  -geleitet durch separatistischen Egoismus-  in unserer Orthodoxie die Begründungen für unchristliches Handeln finden wollen.
 
Unmenschliches kann niemals "christlich" sein ! 

Diese aus ganzem Herzen kommende christliche Überzeugung überwindet alle rationalistischen Grenzen der Sprache, der Lebensverhältnisse und des Wirtschaftssystems und kann auch im europäischen Westen als spirituelle Bereicherung anerkannt werden. 

Daraus ergibt sich ganz natürlich unsere Haltung zu Zusammenarbeit und Ökumene“.





Inner-orthodoxe Zusammenarbeit:

Für eine kleine orthodoxe Kirche, wie die Bulgarische Orthodoxe Kirche, besonders bedeutsam ist die inner-orthodoxe Zusammenarbeit.  Metropolit SIMEON, der positive Modelle dieser Art schon aus seiner  14-jährigen Tätigkeit in den USA und aus Frankreich kannte, hatte seit er seinen Metropoliesitz nach Berlin verlegte, immer appelliert, eine solche institutionalisierte Zusammenarbeit auch in Deutschland zu beginnen.  Seine Appelle waren im Gleichklang mit den Intentionen anderer Bischöfe und Ziel der unermüdlichen Arbeit des diesjährigen Jubilars Prof. Dr. Dr. Anastasios KALLIS. 

Im Mai 1993 war es dann so weit und in der Evangelischen Akademie Tutzing konnte eine zukunftsweisende Versammlung stattfinden.  Auf Initiative des Akademieleiters Dr. Jürgen MIKSCH trafen  7 orthodoxe Bischöfe und  53 orthodoxe Geistliche und Laien aus allen in Deutschland tätigen orthodoxen Kirchen (incl. der altorientalischen Kirchen) mit Vertretern der Bundesregierung und der Landesregierungen (8  Ministerialräte waren gekommen !) und der Römisch-katholischen und der Evangelischen Kirche Deutschlands zusammen.  Alle Vertreter der deutschen Institutionen machten den Orthodoxen in Deutschland Mut, ihre sozialen, rechtlichen, finanziellen und medialen Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen.  Einen Überblick über Situation und Perspektiven der Orthodoxie in Deutschland brachte das Einleitungsreferat von Prof. Dr. Dr. Anastasios KALLIS, Münster: 
In seinem zukunftsweisenden Vortrag zeigte er Gefahren und Chancen für die Zukunft auf.  Er begann mit der Analyse der gegenwärtigen Situation in Deutschland, die nicht das Ergebnis einer ekklesiologischen Strategie sondern der Ausdruck der pastoralen Sorge der orthodoxen Mutterkirchen um ihre in der Diaspora verstreuten Gläubigen ist.  Das Heil des einzelnen Gläubigen und sein Bedürfnis nach Geborgenheit in der konkreten eucharistischen Liebesgemeinschaft der Kirche haben in Deutschland zu dem real existierenden Konglomerat von Gemeinden und Jurisdiktionen geführt.  Dieses für Aussenstehende eher verwirrende Bild kontrastiert drastisch mit der hier üblichen „Kirchenordnung“, in der sich Deutsche so wohl fühlen.  Auch die Kooperation des Staates ist hierzulande starr vor allem auf die  zwei - fein säuberlich getrennten und in allen Details wohlorganisierten - christlichen Großkirchen abgestimmt. Das führt dann oft dazu, dass sich die Orthodoxen nach diversen „Minderheitenfeststellungen“ sehr schnell in die Ecke der „wohltätig Betreuten“ gedrängt sehen. 
Diese „Betreuungsmentalität“ vernichtet das „Ich“ des Betreuten; von ihm werden nur mehr schuldige Dankbezeugungen erwartet.  Dabei fehlt den Betreuern meist jede Sachkenntnis um auf die kulturelle und spirituelle Situation der Betreuten eingehen zu können.  Befreiungstheologie wird bei Völkern ferner Erdteile unterstützt,  Ökumene gerne mit fernen exotischen Kirchen praktiziert aber es mangelt an der Bereitschaft, die hier lebenden „Fremden“  - unsere „Nächsten“ -  in ihren etwas anders gewichteten Werten ernst zu nehmen.  Diese unbefriedigende Situation kann nur überwunden werden, wenn sich die rund  1 Million orthodoxen Christen emanzipiert für ihre Belange selbst einsetzen.  Im durchorganisierten Deutschland muss das wohl oder übel auch seitens der Orthodoxen in langfristig angelegten Organisationsformen geschehen.
Im Geiste des aufrüttelnden, vieldiskutierten Referates wurde dann die Gelegenheit von Beamten, Bischöfen, Priestern, Diakonen und engagierten Laien genutzt folgende Themen in Gesprächsgruppen im Detail zu erörtern:

- Orthodoxer Religionsunterricht an Schulen und universitäre Lehrerausbildung

- Theologische Weiterbildung und Stipendiatenprogramme

- Zusammenarbeit und rechtliche Strukturen der orthodoxen Kirchen

- Ökumenische Zusammenarbeit

- Sozialarbeit

Am Ende der Tagung stand fest, dass die regelmäßigen Treffen der orthodoxen Bischöfe verstärkt werden müssten und ein all-orthodoxes Kooperationsgremium für die langfristige konkrete Arbeit aufgebaut werden müsse, das dann auch die orthodoxe Presse- und Medienarbeit sowie orthodoxe Großveranstaltungen organisieren sollte. 
Wenige Monate später war es wieder Prof. Dr. Dr. Anastasios KALLIS der die Initiative ergriff und am  17. September 1993 alle orthodoxen Kirchen zur ersten von drei Konsultationssitzungen einlud, in denen bis  1. Februar 1994 ein gemeinsames Statut für die „Kommission der Orthodoxen Kirchen in Deutschland“ erarbeitet wurde.  Von dem in der  1. Delegiertenkonferenz am 12. Mai 1994 für  4 Jahre gewählten Vorstand konnten bereits innerhalb eines Jahres  - nach 5 Vorstandssitzungen -  zu folgenden Punkten detaillierte Lösungsvorschläge vorgelegt werden:

- Orthodoxe universitäre Lehreinheiten in gemeinsamer Verantwortung aller orthodoxen Kirchen

- Orthodoxer Religionsunterricht in gemeinsamer Verantwortung aller orthodoxen Kirchen
  (für diese beiden Vorlagen unter Beratung durch RA FOERSTER von der evangel. Kirche)

- Gemeinsame Vertretung aller orthodoxen Kirchen in der ACK (mit detailliertem Vorschlag der Vertretung aller orthodoxen Kirchen, unter Beratung durch Dr. Athanasios BASDEKIS vom ACK)

- Informationsdienst „Orthodoxie aktuell“ mit Zusammensetzungsvorschlag für das Herausgeberteam unter namentlicher Nennung der Mitarbeiter aus den einzelnen orthodoxen Kirchen.


Als für alle orthodoxen Kirchen repräsentative Veranstaltung wurde von 12. - 18.03.1995 eine „Woche der Orthodoxie“ in Düsseldorf veranstaltet mit Vespergottesdienst in mehreren Sprachen, mit Göttlicher Liturgie gemeinsam zelebriert von fast allen orthodoxen Bischöfen, einer Ausstellung und einer Vortragsserie, deren Hauptvortrag Prof. Dr. Dr. KALLIS hielt.  Ein Detail am Rande illustriert, wie sehr auch die Vorstandssitzungen in dieser Zeit von diesem geprägt waren: 
Eine Auswertung des durchschnittlichen Anteils an der Redezeit ergab: 

- 42 % Vorsitzender Prof. Dr. Dr. KALLIS (Griechische orthodoxe Kirche)

- 32 % Geschäftsführer Hypodiakon NIKOLAUS Thon (Russische orthodoxe Kirche, Moskau)

- 12 % Stellvertretender Vorsitzender Erzpriester JOVAN Maric (Serbische orthodoxe Kirche)

-  9 % Schatzmeister Diözesanrat LEWIN (Russische orthodoxe Auslandskirche) 

-  5 % Stellvertretender Vorsitzender Protodiakon STEFAN (Bulgarische orthodoxe Kirche)


Nach einigen traurigen Entwicklungen wie Verlust der gesamtorthodoxen Breite durch Hinausdrängen aller altorientalischen Kirchen und der Orthodoxen Russischen Auslandskirche, dem Verlust von demokratischer Konstitutionalität zugunsten von manchmal charikaturhaft hervortretender Hierarchen- und Dyptichenhörigkeit,  ist  - mit einer sehr eingeschränkten Zahl von Mitarbeitern -  bis heute dennoch eine dauerhafte Verankerung der Kommission in der deutschen Öffentlichkeit erreicht worden; und zwar vor allem durch die Medienpräsenz von „Orthodoxie Aktuell“, die vorbildlich informativ gestalteten Web-Site im Internet und eine TV-Liturgie in jedem Jahr aus einer anderen orthodoxen Kirche. 

Alle positiven Vorhaben der Kommission unter ihrem Vorsitzenden Prof. Dr. Dr. KALLIS sind von Metropolit SIMEON nicht nur gesegnet sondern auch durch Hirtenbriefe aktiv unterstützt worden; ebenso wie Prof. Dr. Dr. NIKOLAOU und die Ausbildungseinrichtung „Orthodoxe Theologie“ an der Ludwig-Maximilian-Universität München und die all-jährliche all-orthodoxe Jugendfreizeit von Priester JOHANNES Nothhaas von der Orthodoxen Fraternität in Deutschland.

Eine andere Gelegenheit in der die Bulgarische Orthodoxe Kirche die inner-orthodoxe Zusammenarbeit durch ihre Präsenz in Deutschland fördern konnte, waren die Begegnungen von Metropolit SIMEON mit den Deutschland besuchenden obersten orthodoxen Kirchenvorstehern, dem Ökumenischen Patriarchen BARTHOLOMAIOS, dem Russischen Patriarchen ALEXIJ, dem Patriarchen IGNATIOS von Antiochia, dem Koptischen Patriarchen SHENOUDA und dem Armenischen Katholikos KAREKIN.


Besonders intensiv war die Zusammenarbeit mit der Griechischen Orthodoxen Kirche, den beiden Russischen Orthodoxen Diözesen und der Serbischen Orthodoxen Kirche, die ihre Kirchengebäude für gemeinsame Gemeindegottesdienste zur Verfügung stellten, und anlässlich unserer Ausstellung zum Thema 1100 Jahre Christentum in Bulgarien mit der Rumänischen Orthodoxen Kirche, deren Metropolit SERAFIM 1998 auch als Ehrengast bei den bulgarischen Feiern zum Tag der Heiligen KIRIL und METHODIJ in Ellwangen war, und wiederum mit der Serbischen Orthodoxen Kirche deren Düsseldorfer Kirchenchor auch dank der Unterstützung durch ihre Hoheit Prinzessin Ljiljana KARADJORDJEVIC unsere gemeinsamen Gottesdienste veredelte.




Inner-christliche Zusammenarbeit (Ökumene):

Die ganz natürlich positive Einstellung zur inner-christlichen Zusammenarbeit (Ökumene)   - nicht als Gebot der Höflichkeit sondern aus Überzeugung -   resultiert aus den reichen Erfahrungen von Metropolit SIMEON in mehr als  30 Jahren seines Lebens unter den Christen des Westens ebenso wie aus dem Erbe der Bulgarischen Orthodoxen Kirche, der Kirche der Christen Bulgariens, denen  500 Jahre unter den Osmanen und  40 Jahre unter den Kommunisten der Kontakt mit der westlichen Christenheit durch die jeweiligen Machthaber fast unmöglich gemacht wurde.  So trübten keine negativen praktischen Erlebnisse mit der Praxis der westlichen Christenheit die klare theologische Schau von Prof. Dr. Dr. ZANKOW als er in den 20-er Jahren unseres Jahrhunderts in seinen Vorlesungen in Berlin klar formuliert hat:

Ist die Kirche wirklich Kirche, so ist sie die Kirche Christi. 
Und als solche  - als Leib Christi -  vereint sie sowohl alle unsichtbaren Glieder (die Heiligen und Geretteten der bisherigen Menschheitsgeschichte), sowie alle sichtbaren noch auf Erden lebenden Glieder (einschließlich der Sünder); denn gerade durch die Kirche und in der Kirche haben alle Menschen, die ja alle auch Sünder sind, den Weg offen, allmählich vollkommen und heilig zu werden.

Das schaffende Prinzip der Kirche   - die Liebe -   schließt jeden Abgrund zwischen Gerechten und Sündern aus. 
Die Grundaufgabe der Kirche erfordert, die Irrenden und die Kranken zu suchen, sie in sich aufzunehmen und aus ihnen ein heiliges Volk Gottes zu schaffen.  ...
 
Und so wie zur Kirche - als Leib Christi - individuelle Menschen gehören, ob sie nun in einem bestimmten Zeitraum gesündigt oder gerecht gelebt haben, so gehören zur Kirche auch Gruppen („Kirchen“), die alle während bestimmter Zeiträumen auch irrend oder erkrankt  waren.  ...

Alle,  Heilige und Sünder,  Aufgeklärte und Irrende,  Gesunde und Kranke,  gehören zur Kirche, in welcher sie durch die Gnade Gottes und die Liebe der Gemeinschaft gesund und heilig werden können. 
Es sind eher aus Rücksicht auf eine klare pädagogische Leitlinie,  Abgrenzungen in der Kirche gemacht worden, die hauptsächlich  zwei Kreise ausmachen:  einen inneren und einen äußeren;
aber wie diese Grenzen nicht absolut sind, so ist auch die Teilung nach ihnen nicht absolut;
die Scheidewände zwischen ihnen gehen nicht bis zum Himmel, bis zu Christus, dem Haupt hinauf und nicht bis ins Herz, den Heiligen Geist hinein.  ...
Beten wir also „um den Frieden der ganzen Welt, um den Wohlbestand der heiligen Kirchen Gottes und um die Einigung ihrer aller“ und „Lasset uns einander lieb haben, damit wir in Einmütigkeit Gott bekennen ...“  in jeder unserer orthodoxen Göttlichen Liturgie in Demut und Liebe. 

Trotz dieser uneingeschränkt positiven Einstellung und dem guten Willen zur praktischen Umsetzung stößt die Integration in die deutsche ökumenische Landschaft immer wieder auf unerwartete Probleme. 
Eine Mitarbeit der Bulgarischen Orthodoxen Kirche in der ACK in Nordrhein-Westfalen wurde rundweg abgelehnt, weil die orthodoxen Bulgaren in NRW keine geschlossene Kirchengemeinde bilden.  Dabei ist die Seelsorge für die vereinzelt lebenden Angehörigen eines kleinen orthodoxen Volkes in besonderem Maße auf die Zusammenarbeit in einer „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“ angewiesen. 

In Berlin, wo es seit langem eine verfasste bulgarische Gemeinde gibt, wurde der Antrag auf Aufnahme in den Ökumenischen Rat Berlin - Brandenburg (ÖRBB) mehrere Jahre verzögert, weil einige Freikirchen ein Junktim mit der Überwindung ihrer Schwierigkeiten in der „Bulgarien-Mission“ herstellten.  Dank der demütigen Offenheit unseres Metropoliten konnten die Schwierigkeiten durch menschliche Begegnung ausgeräumt werden.  Im Rahmen des ÖRBB konnte am 20.1.98 über Probleme im Verhältnis Freikirchen – Orthodoxie in Bulgarien gesprochen werden. 
Unter der Moderation von Geschätsführer Dr. LÜTZ vom ÖRBB sprachen  Metropolit SIMEON (Erzhirte der Bulgarischen Diözese von West- und Mitteleuropa, Sitz Berlin), Diözesan-Protodiakon STEFAN Gross und  der Berliner Pfarrer LJUBOMIR Leontinow  mit  Superintendent MICHALSKI (Evangel.-Method. Kirche),  Pastor DIPPL (Charismat. Gemeinde CZB)  und  Pastor WEYEL (Freie Evangel.Gemeinde Berlin-Moabit).
Nach einer Einleitung von Superintendent Michalski als Vorsitzender des Ökumen. Arbeitskreises der Freikirchen mit Berichten aus internationalen Konferenzen von Klagen über Schwierigkeiten in orthodoxen Ländern berichteten Pastor Weyel und Pastor Dippl über konkrete Erfahrungen. 


Zunächst ging es um ein von Freikirchen in den Rhodopen geplantes internationales Begegnungs- und Missionszentrum, das nach Einspruch eines orthododoxen Pfarrers von den Behörden keine Baugenehmigung mehr bekam. 
Die bulgarische Seite konnte zur Erhellung des Umfelds solcher Behördenentscheidungen beitragen: 
Normalerweise haben Politiker und Verwaltungsbeamte in Bulgarien wesentlich mehr Verständnis für Investitionen aus dem Westen als für die Anliegen der Orthodoxen Kirche.   Politischer Druck wird nicht gegen Kirchen aus dem umworbenen Westen, sondern zur Einflußnahme in der eigenen orthodoxen Kirche ausgeübt.  Im konkreten Fall komme dazu, daß das Zentrum in einem Bezirk errichtet werden sollte, der mehrheitlich von Muslimen bewohnt wird.  Angesichts von Islamisierungsmissionen radikaler Auslands-Muslime sollte kein Anlass zur Radikalisierung geliefert werden. Nur der ruhigen Lage in Bulgarien sei es zu verdanken, dass seit der Wende zehntausende in den vorigen Jahrhunderten zwangs-islamisierter Bulgaren durch vorsichtige Mission von orthodoxen Geistlichen wieder zu Christen getauft werden konnten.
 

Dann wurde von Steinwürfen auf eine freikirchliche Gebetsversammlung in Zentralbulgarien berichtet. 
„Gewaltanwendung solcher Art entfernt den Gewalttäter von Christus und kann deshalb niemals im Sinne einer wahrhaft christlichen Kirche sein !“, betonte dazu Metropolit Simeon. 
Nachdem die Steinewerfer zunächst vom orthodoxen Dorfpfarrer unterstützt worden waren, führte eine Beschwerde beim orthodoxen Metropoliten der Diözese zum Erfolg. 
Seit einem Jahr hat es in dieser Gegend keine Gewalt gegen Freikirchen mehr gegeben. 


Ein gutes Beispiel, wie Verständis entwickelt werden kann, beschrieb Pastor Dippl: 
Ein sehr orthodoxie-kritischer freikirchlicher Missionar, der zum ersten Mal aus den USA nach Bulgarien gekommen war, besuchte mit Pastor Dippl den Abendgottesdienst in der orthodoxen Hl.Alexander-Nevski-Kathedrale in Sofia. 
Nach  3 Std. Chorgesang   und Schriftlesung war er tief bewegt und konnte nur zustimmend feststellen:
„Dieser orthodoxe Gottesdienst war der Braut Christi würdig. Auch hier in Bulgarien gibt es schon Kirche Christi.“ 

Das Ergebnis auch dieser Begegnung bestätigt die Grundhaltung des Metropoliten:
Ökumenische Kontakte eröffnen die Chance solcher Begegnungen im Lobpreis Christi. 
Konfrontation aber führt zur fast immer zur Eskalation satanischer Gewalt !
 

Um dieses zu Verhindern,  vereinbarten die Gesprächsteilnehmer, engen Kontakt zu halten, sich gegenseitig zu informieren, und in den eigenen Kirchen Verständnis zu fördern, und auch in Zukunft jede Gewaltanwendung gemeinsam zu verurteilen.

Wenn man so auf die Einheit der Christen hofft wie Metropolit SIMEON, so schmerzen viele Einzelheiten besonders.
Vor allem dann, wenn die westliche Christenheit damit zeigt, daß ihr die Erhaltung der Gemeinsamkeit nicht viel bedeutet; wenn Schwestern und Brüder aus christlichen Gruppen mit denen wir Orthodoxe jahrzehntelang am gemeinsamen Tisch des Weltkirchenrates zusammensassen trotzdem kein Gefühl dafür bekommen haben, wie brutal es ist, jene, die nach den Gemeinsamkeiten in der Tradition suchen, immer wieder mit neuen spaltenden Inventionen zu konfrontieren. 
Um mit Franz Kardinal KÖNIG zu sprechen: Christen sollten
„mehr Herzenstakt im Umgang miteinander“ entwickeln. 

Stattdessen fand z.B. der Eröffnungsgottesdienst der  2. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Graz in Abwesenheit des Kreuzes statt, keine Ikonen bildeten optische Anker für die Seele, sondern Tafeln mit wirren Strichen an den Hausfassaden und Striche und Punkte als Versammlungssymbole veranschaulichten den derzeitigen ver(w)irrten Zustand der „Berufsökumeniker“. 
Nur weil man im Westen blind geworden ist für das Skandalon der eigenen Aufsplitterung, kann man die im Osten in vielen Ländern bewahrte Einheit der Christen eines Ortes nicht als konsequenteste Beachtung des Liebesgebots Christi respektieren, sondern sieht ähnlich der Einführung der Marktwirtschaft jetzt auch den Konkurrenzkampf der Christen untereinander (um höhere „Marktanteile“ etwa ?)  als normal an. 
Erwartet man von den orthodoxen Volkskirchen ernsthaft, dass sie sich dem westlichen Zeitgeist zuliebe, mit Begeisterung zerschlagen lassen, um danach unter den Trümmerkirchen "ökumenischen Nachholbedarf" zu praktizieren ? 

Wie muss es auf den Bischof der Mutterkirche eines kleinen Volkes, das über Jahrhunderte durch Fremdherrscher entrechtet war (und jetzt schon wieder ökonomisch entrechtet wird) wirken, wenn man im übermächtigen Westen darauf besteht, ihm stolz die Erfolge westlichen Proselytismus vorzuführen, indem man einen jungen bulgarischen Methodisten auswählt, um seinem ehemaligen Bischof das Evangelium vorzulesen. 


In Sofia hat die Häufung von Erlebnissen dieser Art die Bulgarische Orthodoxe Kirche dazu bewogen die Notbremse zu ziehen und ein Signal zu setzen: 
Während die vom westlichen Luxus träumenden Politiker sich für die eigene „östlich“-orthodoxe Kirche schämen und sie nicht anerkennen, wurden Dutzende Religionsgemeinschaften aus dem Westen bereitwillig registriert, die vorher noch nie in Bulgarien bekannt waren. 
Vergleichende Werbung  - wie sie sogar in der westlichen Konsumgüterwirtschaft nicht gerne gesehen wird -  ist aggressiv gegen die Bulgarische Orthodoxe Kirche gerichtet. 
Westliche Kirchen statten ihre Sendboten mit opulenten „Missionsbudgets“ aus, die mehr als  10-mal so hoch sind, wie die spärlichen Mittel, die die bulgarische orthodoxe Kirche als Volkskirche für die seelsorgerische Betreuung von über  90 % des christlichen Volkes einsetzen kann. 
Leider geht es nicht mehr um die  - vor 1990 jahrzehntelang und mit den traditionellen Kirchen bis heute -  in Bulgarien vorbildlich gepflegte ökumenische Toleranz gegenüber bestehenden Minderheiten, sondern darum, dem Westen unbestritten das Recht einzuräumen, neue Minderheiten mit viel Geld und Propaganda aus der Mehrheitskirche heraus zu brechen. 

In diesem Zusammenhang beklagte die Bulgarische Orthodoxe Kirche, dass der Weltkirchenrat, in dem die orthodoxen Kirchen seit einem halben Jahrhundert die Kirchen der Reformation als Gesprächspartner und Brüder in Christus respektiert haben, sich den hohen Zielen, für die er ursprünglich gegründet worden war, nicht gewachsen zeigte. 
Von einem Forum der Annäherung ist er zu einem Forum der Konfrontation geworden. 
Der Geist der Annäherung aller Christen zum Heil für die Welt, welcher die bulgarischen Theologen und Bischöfe beseelte, als sie die Gründung des Weltkirchenrates vorbereiteten, ist von dieser Institution derzeit nicht zu erwarten. 
Deshalb hat auch der Hl. Synod der Bulgarischen Orthodoxen Kirche die schwere Entscheidung getroffen, diese Institution zu verlassen. 

Trotz der angesprochenen Probleme ist die überwältigende Mehrheit der Geistlichen und Laienvertreter in der Bulgarischen Diözese von West- und Mitteleuropa nicht davon überzeugt, dass diese Entscheidung richtig war. 
Auf keinen Fall will man den Austritt aus dieser einen Organisation, deren Mitglied die Römisch-katholische Kirche übrigens nie war, als Absage an die engagierte Mitarbeit werten, in die die Gemeinden der Bulgarischen Orthodoxen Kirche unserer Diözese fast überall integriert sind. 

In diesem Sinne entschied auch die Diözesanversammlung 1998 der Bulgarischen Diözese von West- und Mitteleuropa, wie es im Protokoll heißt: 

Die Delegierten erklärten ihre Verwunderung über den Beschluss des Hl.Synods  betreffend den Austritt aus dem Weltkirchenrat.  Gemeinsam mit S.E., dem Metropoliten,  äußerten sie ihre Entschlossenheit nach wie vor in Frieden, Liebe und Dialog mit allen christlichen Kirchen zusammenleben zu wollen.
Es wurde beschlossen, dass Metropolit SIMEON vor dem Hl.Synod in Sofia die Rücknahme des Austrittsbeschlusses betreiben solle.“

Die Bemühungen direkte Gespräche in Sofia zur Aussprache über aufgetretene Missstände zu vermitteln wurden von Seiten der Bulgarischen Metropolie von West- und Mitteleuropa intensiviert.
 
Durch persönliche Organisationsarbeit und Vermittlung des Metropoliten als Mitglied des Hl. Synods konnte im Herbst 1998 eine Delegation der EKD unter Außenamtsleiter Bischof KOPPE während eines Kurzbesuchs in Sofia nicht nur die Theologische Fakultät, das Geistliche Seminar und vorbildliche Gemeindearbeitsprojekte besuchen, sondern auch ein direktes Gespräch mit Patriarch MAKSIM und Mitgliedern des Hl. Synods führen.

Begleitend zu den Kontakten auf höchster Ebene liegen der Metropolie der Bulgarischen Orthodoxen Kirche in Deutschland vor allem die zwischenmenschlichen Kontakte an der Basis, zwischen Christen in Ost und West am Herzen. 
So können immer wieder Gruppen von Studenten und aus Pfarrgemeinden der beiden großen Kirchen in Deutschland in der Vorbereitung von Studienreisen nach Bulgarien unterstützt werden.

Auf hohes Interesse des breiten Publikums in Deutschland stieß in den letzten Jahren auch die Ausstellungsserie „1100 Jahre Christentum in Bulgarien“, die von der Bulgarischen Metropolie in Deutschland in der inhaltlichen Gestaltung und durch Begleitveranstaltungen unterstützt wurde.


Zusätzlich musste sich all diese Arbeit vor dem Hintergrund der krisenhaften Entwicklung der Kirche in Bulgarien bewähren.  Dass die Bulgarische Diözese von West- und Mitteleuropa von Spaltung und Streit bewahrt werden konnte, ist vor allem der ausgleichenden Haltung von Metropolit SIMEON zu verdanken, der es verstand, gute Kontakte zu allen Streitparteien in Bulgarien zu halten, und so fast als einziger Metropolit von allen Gruppen anerkannt zu werden. 

Trotzdem sollen diese unerfreulichen innerkirchlichen Wirren in der Heimatkirche an dieser Stelle nicht mit Schweigen übergangen werden. 

Die Bulgarische Orthodoxe Kirche ist als Volkskirche, die im Untergrund entstand und die meiste Zeit ihrer Existenz im Untergrund wirken musste, den Einflüssen von allen Veränderungen in der politischen Landschaft besonders ausgesetzt. 
Der Durchschnitts-Bulgare erwartet als Selbstverständlichkeit in kirchlichen Organen ebenso viel bestimmen zu können wie im politischen Leben.  So wurde gleich nach der politischen Wende gefordert, dass der Patriarch ebenso abzutreten habe, wie der Führer der kommunistischen Partei.  Ein bemerkenwertes Argument zur Begründung dieser Forderung war übrigens die immer wieder behauptete Analogie zwischen dem „Verrat bulgarischer Interessen“ durch Patriarch MAKSIM wegen der Unterstützung des Weltkirchenrates und dem von der Staatsführung finanzierten Engagement des bulgarischen Staates in der Kommunistischen Internationale.  Respekt vor ewigen kirchlichen Weihen war in dieser Wendezeit mit ihren naiven basisdemokratischen Träumen zu viel verlangt.  Außerdem bekamen die erstarkenden politischen Parteien sehr schnell Geschmack an jeweils zu ihrer Parteilinie loyalen Repräsentanten der Kirche.  So entstand bald nach der Wende ein „Verwaltungs-Schisma“ genanntes Chaos, indem mehrere „Hl. Synoden“, mehrere „Patriarchen“ oder „Erzbischöfe“ behaupteten im Namen der Bulgarischen Orthodoxen Kirche zu sprechen.  Diese Spaltung ging zwar nie über die Spitzenmänner und ihre Paladine hinaus, schädigte aber indirekt doch ganz empfindlich auch das religiöse Alltagsleben in den Pfarren, weil so den Politikern der Vorwand dafür geliefert wurde, jegliche Zahlungen an Kirchenkassen und Geistliche einzustellen.  Da die Pfarren in Bulgarien seit der Konfiskation ihrer wirtschaftlichen Basis durch die Kommunisten von diesen staatlichen Zuschüssen leben mussten, brach bald große Not unter den Pfarrgeistlichen und ihren Familien aus.  Dies gab dann wiederum den Parteien die Gelegenheit, ihren Einfluss zu verstärken, indem sie nur die Pfarren und Klöster ihrer Klientel einigermaßen finanziell versorgten.  Gleichzeitig ermöglichte die Verweigerung der Anerkennung der patriarchentreuen Kirche durch den Staat, den nach dem 2. Weltkrieg von den Kommunisten konfiszierten Kirchenbesitz ungeniert weiterhin zu behalten. 
Die Schwierigkeiten, die der Staat der traditionellen Kirchenverwaltung unter Patriarch MAKSIM machte, wurden ideel wieder ausgeglichen durch die Festigkeit mit der ihr alle orthodoxen Schwesterkirchen die Treue hielten. 

1998 kam es dann sogar auf Einladung durch Seine Allheiligkeit, den Ökumenischen Patriarchen BARTHOLOMÄOS zu einer all-orthodoxen Versammlung der Patriarchen und Kirchenvorsteher fast aller orthodoxen Kirchen in der HL.ALEXANDER-NEVSKI-KATHEDRALE von Sofia, die die Anerkennung von Patriarch MAXIM und des traditionellen Hl. Synods seitens der orthodoxen Welt endgültig außer Zweifel stellte.  Die meisten abgespaltenen Bischöfe wechselten inzwischen die Seite und tauschten ihre kirchliche Isolation an der Seite der politischen Parteien gegen die dringend benötigten Funktionen in der einzigen von den anderen kanonischen Kirchen anerkannten orthodoxen Kirche Bulgariens. 
In einer pluralen Gesellschaft nach westlichem Vorbild, die in Bulgarien inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden ist, wird man aber lernen müssen, auch damit zu leben, dass es auch Geistliche der orthodoxen Kirche geben kann, die ihren eigenen Weg außerhalb der kanonischen Kirche gehen.  Erfreulicherweise verstärkt sich aber der Eindruck, als hätte auch die Politik inzwischen gelernt, dass es sich langfristig nicht lohnt, diese immer wieder ausscherenden Außenseiter staatlich besonders zu legitimieren.

Wenn die bulgarische Diözese von West- und Mitteleuropa als Ganzes vom „Verwaltungs-Schisma“ verschont blieb, so heißt dies leider nicht, dass hier alles ohne Auswirkungen geblieben ist. 
Dank des friedliebenden Naturells der beiden beteiligten Persönlichkeiten konnte der einmalige Versuch eines „Gegen-Synods“ in Wien einen Metropoliten zu installieren letztlich abgewehrt werden. 
Metropolit SIMEON zeigte seine unbeirrbar christliche Persönlichkeit indem er trotz aller Kritik  - auch aus seinem eigenen Klerus  - die Beziehungen zu dem von der Gegenseite für dieses Amt benannten ehemaligen Archimandriten der Russischen Orthodoxen Kirche nie abreißen ließ.  Unsere Diözese hat letztlich in dem in das Bulgarische Patriarchat zurückgekehrten Bischof AVENIR einen von den Gläubigen respektierten Bischof und einen von vielen Orthodoxen aller Jurisdiktionen in Wien dringend benötigten Geistlichen Vater gewonnen.

Schlimmer und fast das Ende der Diözese war das plötzliche Ausbleiben der finanziellen Unterstützung für den Bischof, die Geistlichen und ihre Familien.  Dank Gottes Hilfe konnten nach einer anfänglichen Zeit der tödlichen Lähmung die meisten Geistlichen oder jemand aus deren Familie eine bezahlte Brotarbeit und/oder die kirchliche Tätigkeit die Unterstützung örtlicher Großkirchen finden und vermehrt auch die Pfarrgemeindemitglieder zu verstärkten Beiträgen motiviert werden. 

Am Beispiel der ältesten bulgarischen Pfarrgemeinde Deutschlands in München kann dies illustriert und die für Deutschland typischen zusätzlichen Randbedingungen aufgezeigt werden.  1991 musste der langjährige Pfarrer der Münchner Gemeinde, Vater PETER Tomov nach Bulgarien zurückgehen, da die Unterstützung aus Sofia schon lange Zeit ausgeblieben war und er seine Familie bei westlichen Lebenshaltungskosten nicht mehr ernähren konnte.  Der erste Ausweg, den man suchte, scheiterte daran dass er der bulgarischen Tradition widersprach.  In der Bulgarischen Orthodoxen Kirche ist es traditionelle Praxis, daß Pfarrgemeinden nur durch verheiratete Pfarrer betreut werden.  Als man auf den Ausweg verfiel, der Lebensunterhalt für einen Mönch müsse leichter aufzubringen sein, waren weder der Geistliche noch die Gemeindemitglieder darauf vorbereitet.  Kirchengemeinden fern der Heimat sind noch intensiver auf heimatliche Klischees fixiert und einen in einer Münchner Kleinwohnung lebenden Mönch konnte sich keiner vorstellen.  Archimandrit SOFRONI wiederum strebte dem Vorbild der heimatlosen Mönche nach, reiste viel umher und fühlte sich in westlichen Klöstern wohler als bei seiner Gemeinde.  Also musste man wieder einen verheirateten Priester finden; um Kosten zu sparen möglichst ohne Kinder, und mit der zusätzlichen Anforderung, die deutsche Sprache in Wort und Schrift sehr gut zu beherrschen, um möglichst etwas dazuverdienen zu können.  Dies erregte offenbar den Argwohn der deutschen Visabehörden in Sofia und so erhielt Vater GEORGI Schumov über ein Jahr lang kein Visum für Deutschland.  Erst eine Intervention durch Bundestagspräsidentin Rita SÜßMUTH, die den bitteren Klagen von Metropolit SIMEON viel Verständnis und Engagement entgegenbrachte, konnte das Eis brechen.  Inzwischen hatte man aber die Wohnung des Priesters in München verloren, alle Unterstützungen für das Gemeindeleben waren wegen Inaktivität eingestellt und alles musste neu aufgebaut werden.  Man begann sich genauer danach zu erkundigen, wie es ukrainische, russische und rumänische Priester seit Jahrzehnten anstellten, mitsamt ihren Familien sorgenfrei in Deutschland leben zu können.  Dabei stieß man auf die Ökumenische Kommission zur Unterstützung Orthodoxer Priester, die  - gespeist durch Beiträge des Bundes, der Länder und der großen christlichen Kirchen -  den Lebensunterhalt der "Flüchtlingspriester" finanzierte.  In der Gründungszeit dieser Kommission hatten es die bulgarischen Offiziellen abgelehnt, bulgarische Geistliche von deutscher Seite unterstützen zu lassen.  Jetzt waren die Zeiten anders und solchen Stolz konnte man sich offenbar nicht mehr leisten.  Leider waren inzwischen aber auch die Geldmittel der Kommission derart gesunken, dass an die vollen Unterstützungssätze, wie sie die Geistlichen der anderen Kirchen lange Jahre bekommen hatten, für ein neues Mitglied nicht mehr zu denken war.  Nach anfänglich nur symbolischer Unterstützung konnte dann eine Erhöhung erreicht werden, so daß heute ca.  30 % der Lebenshaltungskosten des Münchner Pfarrers aus dieser Quelle stammen.  Weitere  30 % kann die Münchner Kirchengemeinde aus eigenen Kräften aufbringen und etwas mehr als ein Drittel muß jährlich neu durch Spenden gedeckt werden, die auch wieder vor allem von den beiden Großkirchen kommen.  Dabei wurde festgestellt, dass dies auch für die großen deutschen Kirchen ein effizienter Einsatz ihrer Mittel ist, da keine andere Kirche in Deutschland ihre Geistlichen mit derart geringen Lebenshaltungskosten arbeiten lassen könnte.  In Bulgarien jedoch hätten mehr als  10  dringend benötigte Pfarrer die Möglichkeit mit dem Gehalt zu überleben, welches in Deutschland 1  Priester als Minimum benötigt.  Das illustriert das finanzielle Dilemma für die Bulgarische Orthodoxe Kirche. 

Eine Lösung können „nebenberufliche“ Priester sein, die ihren Lebensunterhalt in Deutschland schon durch einen soliden Brotberuf verdienen.  Glücklicherweise haben seit vielen Jahren einige Absolventen der geistlichen Seminarien aus Bulgarien ihren Weg nach Deutschland gefunden und konnten sich vor allem in der ehemaligen DDR eine Existenz aufbauen. 

So konnte wenigstens ansatzweise versucht werden, eine Seelsorge für die Bulgaren im Osten Deutschlands aufzubauen. 


Das Bedürfnis der Jahrzehnte geistlich ausgehungerten gebürtigen Bulgaren und ihrer Familien in den neuen Bundesländern nach einem traditionell bulgarischen christlichen Gemeindeleben ist aber so groß, dass bisher erst weniger als die Hälfte der Ansuchenden direkt betreut werden können.  Immerhin konnten neben den beiden westlichen Kirchengemeinden in München und Stuttgart, neue Kirchengemeinden für Berlin und Umgebung und Leipzig und Umgebung für die im Einzugsbereich lebenden ca.  15.000 Bulgaren gegründet werden. 

Lücken bei Bitten um Taufen, Eheschließungen und Beerdigungen für noch nicht in Gemeinden erfasste Gläubige können durch einen reisenden Archimandriten und oft auch durch den persönlichen Einsatz, des Metropoliten einigermaßen geschlossen werden. 

Den bis an die Grenzen der Erschöpfung gehenden Einsatz der von unseren Geistlichen oftmals verlangt wird, können diese nur erbringen, weil sie wissen, wie groß der Nachholbedarf nach kirchlichem Leben ist. 
Eine Motivation worum sie von manch Anderen besser Besoldeten beneidet werden. 


Dank zweistelliger Zuwachsraten bei den in ihren Kirchengemeinden engagiert mitarbeitenden Gläubigen kann die Bulgarische Orthodoxe Kirche in Deutschland in Dankbarkeit den Dreieinigen Gott preisen, dass sie neben ihrer verbindenden Mitarbeit in inner-orthodoxen und inner-christlichen Gremien in der Zukunft noch stärker ihre unersetzliche Aufgabe in der Seelsorge an den Menschen finden wird, die in einer immer oberflächlicher werdenden Gesellschaft die ewige Frohbotschaft des ursprünglichen Christentums suchen.

 

EHRE SEI GOTT !